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Seealpen und mehr

 

 

   Wir fahren in die Seealpen ganz am südwestlichen Rand des Alpenbogens. Anfangs sind wir zu siebt, dann zu sechst zum Wandern. Nach 2 Wochen bleiben nur Gerti und Georg eine Woche im Gebiet, ehe es weiter ins Val Grana geht. Genau wie diese Gegend folgen dann noch Orpierre und Sainte Victoire als für uns neue Erfahrungen, bis wir nach gut 7 Wochen den "Urlaub" einmal mehr im Aostatal beschließen.

Es herbstelt.

Seealpen - Bergtouren

Monte Gelas
Monte Gelas

Entracque heißt der Talort, Sotto il faggio, "Unter der Buche" der Campingplatz. Hier brennen zu unserer Verwunderung rundum jeden Abend Lagerfeuer, sodass wir gar um unsere Zelte bangen. Aber sonst ist's sehr gemütlich hier. Wir steigen zunächst auf die Cima di Fenestrelle, eine lange Wanderung, gut geeignet, das Gebiet ein wenig kennenzulernen.

Der Monte Aiera ist schon ein bisschen anspruchsvoller, geschickt leitet der steile Weg zwischen Felsstufen hindurch zum eindrucksvollen Aussichtspunkt. Nach der ersten Woche fährt Diedl heim und wir laden uns bei Gert und Rena im Val Maira zum Essen ein. Wir freuen uns sehr, die beiden wieder einmal zu treffen, werden köstlichst kulinarisch verwöhnt und verbringen einen netten Nachmittag miteinander.

Und zurück geht's zum Camping. Zweimal kehren wir knapp unter einem Gipfel um, weil es uns zu heikel wird. Es gibt auch kleinere Wanderungen, etwa zu einem See, der zum Schwimmen einlädt. Höhepunkte hier sind wohl die Cima Chiapous vom Rovinasee aus, dann der Höchste für uns, die Cima Pagari und eine beeindruckende Runde über den Passo di Ghiaccai. Und schon ist's wieder Sonntag, schon heißt's Abschied nehmen und die drei Freundinnen und Jim fahren zurück nach Österreich.

Seealpen - klettern

Cima Sebolet
Cima Sebolet

Gerti und ich bleiben in Entracque und lernen interessante Klettereien kennen: Im Valle Gesso, am Lup, laden herrliche, längere Routen zum Genießen ein. Highlight ist wohl "Il ritorno di Lup". Weit gesichert verlangen die Touren ein verlässliches Steigen und die landschaftlichen Eindrücke sind phantastisch.

Höhepunkt und Abschluss bildet das tagesfüllende Unternehmen auf die Cima Genova. Hier wird uns alles geboten: Die Linie "Gruppo Aosta" fordert einen langen Zustieg vom Tal, 13 Seillängen nicht nur leichte Kletterei, einen überraschend langen, luftigen Grat zum Gipfel und den Abstieg. Dass sich beim Abseilen das Seil verklemmt und ich die volle Länge zurück hinauf prusiken muss und der Abstieg sich dann doch recht zieht - dafür kann der Berg ja nichts.

Valle Grana - neuland

Santuario di San Magno
Santuario di San Magno

Auf der Suche nach einer kleinen Wanderung allein nach einem regnerischen Tag in Entracque stoße ich auf den Sentiero Camilla. Dieser ist nach einer jungen Frau benannt, die mit vier Freunden im Jahr 2020 im obersten Valle Grana bei einem Autounfall ums Leben kam. Auch einige Kletterrouten hier ganz oben sind nach Mitgliedern dieser Freundesgrupe benannt.

Zum Beispiel die "I ragazzi delle stelle" ist so eine steile, gut abgesicherte Kletterroute in bestem Fels in einer Traumumgebung. Auch "Where Buffaloes dare" begeistert uns hier sehr - einzig die Zufahrt von Castelmagno Richtung Rif. Fauniera ist trotz bester Beschaffenheit ein wenig nervend: Eng, keine Leitplanken und steile Abbrüche...

Ailefroide - die zwanzigste

Ailefroide - Le dernier Néandertalien
Ailefroide - Le dernier Néandertalien

Gewohntes und Liebgewonnenes mit Neuem verbinden ist heuer die Devise. So fahren wir bewusst ein wenig im Zick-Zack, um hierher zu kommen, bevor es gar zu kalt wird. Völlig überraschend spricht uns eine junge Frau an, ob wir aus der Heinrichstraße in Graz sind. Sie habe einmal da gewohnt, uns gesehen, als wir vom Klettern heim kamen, mit uns gequatscht und beschlossen, das wolle sie auch machen. Inzwischen ist sie schon etliche größere Klettereien gegangen und klettert uns wohl sicher um die Ohren. 

Einen Tag später schaut mich eine Frau, die gerade Übungen für ihr beleidigtes Bein macht, an und fragt: Georg? Überrascht begrüße ich Ute, mit der ich vor 2 Jahren ein bisschen geplaudert und Infos über Kletterrouten ausgetauscht habe. Klein ist die Welt.

Wir klettern hier nach Herzenslust rund eine Woche, es ist fast nichts mehr los, alle Touren sind frei und nur nordseitig ist es kalt, zu kalt. 

orpierre - die erste

Orpierre - Quiquillon
Orpierre - Quiquillon

Ute fährt kurzfristig ab aus Ailefroide und meldet sich aus Orpierre. Wir hatten uns ein wenig über dieses Gebiet, 125km südlich von Grenoble auf halber Strecke nach Marseille gelegen, unterhalten. Sie meinte noch, sie kenne es, es hätte ihr damals nicht gar so gefallen, sei recht abgeschmiert gewesen.

Wir können das nur teilweise bestätigen. Hauptsächlich besticht es durch eine ungeheure Vielfalt an Möglichkeiten, ob kurz oder lang, alle vom Camping fußläufig erreichbar. Die Mehrseillängenrouten, die wir gehen, sind streng bewertet, eine 5c hier wäre in Ailefroide wohl eine 6a+, bestens abgesichert (mit 14 Expressschlingen geht sich's gerade aus), oft überaus steil, landschaftlich bestechend, sonnig und warm...

Genug des Schwärmens. Wir halten es gute 8 Tage hier aus und werden wohl wieder kommen. Die Routen heißen Diedre Sud, Brazil, Le maitre de la danse, u.s.w. - eine schöner als die andere, jeden Tag nur klettern.

Montagne sainte victoire - abgeblitzt

Montagne Sainte Victoire
Montagne Sainte Victoire

Irgendwo in den Tiefen des Webs hab ich die Infos gefunden, hier wäre es  toll zu klettern. Unzählige Routen, ein großartiges Gebiet. Also zockeln wir, wenn wir schon so weit im Südwesten sind, noch die paar Kilometer von Orpierre über das hübsche Sisteron weiter nach Aix-en-Provence und Beaurecueil.

Doch gleich am ersten Tag merke ich: Sainte Victoire und wir passen nicht zusammen. Zu glatt, viel zu abgeschmiert, zu steil, zu rostige, zu alte Bolts. Oder sind es wir, die zu schwach, zu bequem, zu unentschlossen, zu feige sind?

Kurzum: Wir wandern einmal von Norden und einmal von Süden auf den "Berg", besichtigen einen Tag Aix, die Stadt des Malers Paul Cezanne, und lassen die unerwarteten aber keineswegs ungewöhnlichen Erfahrungen einsickern. Das gehört wohl auch dazu.

aostatal - ein würdiger Abschluss

Klettern am Paretone - Aostatal
Klettern am Paretone - Aostatal

Es geht ja doch noch! Die Ernüchterung weicht der Euphorie. Wir steigen in Albard über die "Rolling Stones", ziehen 16 Seillängen ebenfalls hier die "Gatto nando" und "Raggio di Sole" hinauf und beenden unser Vagabundendasein auf dem Paretone. Nach 5 Jahren wieder einmal hier  kraxeln wir die "Diretta al Banano" hinauf. Was für eine Freude, wenn wir uns, weil gut in den vergangenen Wochen eingeklettert, geradezu spielen und den herrlichen Gneis auskosten!  

Am Camping Mombarone ist noch viel los, tagsüber ist es so warm, dass manche gar ins Schwimmbad gehen. Doch auch das ändert sich. 

Mit ein bisserl Wehmut nehmen wir den ersten Tag mit schlechterem Wetter zum Anlass, doch wieder einmal heimzufahren. So schön war's!

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Kommentare: 1
  • #1

    Tine (Sonntag, 05 Oktober 2025 19:02)

    Wieder ein Sommer zu Ende und Ihr habt wieder viel erlebt. Gratuliere Euch zu Eurer Abenteuerlust! Schön dass Ihr wieder gut zurück seid. In Vorfreude auf Begegnungen mit Euch! Tine